Qasem Soleimani, ehemaliger Kommandeur der Quds-Einheit der iranischen Revolutionsgarden, ist tot. Bei dem Drohnenangriff wurde auch ein irakischer Zivilist getötet und der Tod eines Unschuldigen ist tragisch. Der Tod Soleimanis hingegen ist sicherlich kein Grund zur Trauer:

Die Revolutionsgarde ist nicht etwa eine reguläre Armee (und so eine wäre schon nicht grade sympathisch), sondern eine Art politische Armee, die neben der normalen Armee des Irans existiert und das Ziel hat, „abweichlerische Bewegungen“, die von der faschistoiden iranischen Staatsideologie abweichen, zu verfolgen und das undemokratische System des Irans aufrechtzuerhalten, ein System, in dem Linke und Homosexuelle hingerichtet werden, in dem Kurd*innen und andere Minderheiten unterdrückt werden, in dem die Kopftuchpflicht für Frauen herrscht und in dem Ehemänner ein Recht auf sexueller Verfügbarkeit ihrer Ehefrau haben, Vergewaltigung in der Ehe also nicht nur nicht verfolgt wird, sondern sogar perfekt mit der Gesetzeslage einhergeht.

Die Quds-Einheit wiederum ist der Ableger der Revolutionsgarde, der für Auslandseinsätze zuständig ist. Schon ihr Name zeigt den imperialistischen Anspruch der iranischen Außenpolitik: Al-Quds ist der arabische Name für Jerusalem, die Benennung der Einheit ein Verweis auf den Anspruch des iranischen Regimes, alle seiner Ansicht nach muslimischen Gebiete zu „befreien“. Die Quds-Einheit ist in unzähligen bewaffneten Konflikten involviert geworden, von der Hochrüstung bosnischer Einheiten im Jugoslawienkrieg bis hin zu Anschlägen auf israelische Diplomaten in Indien.
Die Quds-Einheit ist dabei auch die Schaltstelle, über die das iranische Regime terroristische Gruppen hochrüstet, unter anderem baute sie die Hisbollah um Libanon und den Islamischen Jihad in Palästina auf, der vor allem durch ständige Attacken auf Zivilpersonen auffällt.

Während also klar ist, dass Soleimani der Führer einer Organisation war, die für eine grausame und unterdrückerische Politik steht, ist damit noch lange nicht gesagt, dass seine Tötung im Iran für Fortschritt sorgt:
Es ist im Gegenteil wahrscheinlich, dass der amerikanische Angriff dem Regime nur die Möglichkeit gibt, sich nun als Verteidiger des Irans gegen äußere Eingriffe darzustellen und damit der demokratischen Bewegung den gesellschaftlichen Rückhalt zu nehmen – was Trump auch kaum stören dürfte, hat er doch mehrmals klar gemacht, dass ihm das Wohl der iranischen Bevölkerung vollkommen egal ist.
Trump drohte, 52 iranische Standorte, darunter grade auch kulturell bedeutende Orte, in einer verrückten Racheaktion anzugreifen. Eine solche Drohung richtet sich nicht mehr gegen eine Regierung oder ein Militär, sondern gegen die zivile Infrastruktur und die kulturelle Überlieferung eines Landes und damit gegen die Bewohner*innen selbst. Trump dürfte auch wohl kaum glauben, dass die Tötung Soleimanis dem iranischen Regime wirklich schadet. Wahrscheinlicher ist, dass sein Ziel war, sich als starken Mann darzustellen, um seine innenpolitische Macht in den USA zu sichern. Auch sind demokratische Institutionen, im Exil lebende Oppositionelle und vom Iran angefeindete Staaten wie Israel nun verstärkt in der Gefahr, von iranischen Vergeltungsschlägen getroffen zu werden. Das ein Politiker wie Trump dafür auch bereit ist, der iranischen Bevölkerung durch eine Eskalation auf ihrem Rücken massiv zu schaden, ist dabei nicht verwunderlich.

Es ist vollkommen klar, dass die Politik der westlichen Staaten in dieser Region nicht etwa, wie diese oft behaupten, das Ziel von Demokratie hat, sondern es hier um pure Machtinteressen geht. Während das iranische Regime derzeit von den USA bekämpft wird, kooperiert der Westen weiterhin eng mit anderen islamistischen Regimes wie der Türkei und Saudi-Arabien, und die westlichen Staaten haben in der Vergangenheit beispielsweise mit dem Putsch gegen den demokratischen iranischen Premierminister Mohammad Mossadegh oder der Aufrüstung der Mujahedin in Afghanistan selbst zum Aufstieg islamistischer Kräfte beigetragen.

Für uns ist klar: Ein demokratischer Wandel im Iran ist dringend notwendig und jede Solidarität mit dem Regime mehr als unangebracht. Ein solcher Wandel wird aber nur durch die iranische Bevölkerung kommen, nicht durch militärische Machtdemonstrationen.
Wir sind deshalb solidarisch mit der iranischen Bevölkerung, egal, ob sie unter ihrem brutalen Regime leidet oder von militärischen Angriffen betroffen ist.