Islamismus und seine Ursachen bekämpfen

Beschluss des Diskussionstages des 04. Januar 2024

Der Islamismus ist eine weltweite Bewegung, die in der Moderne entstanden ist. Der Islamismus betrachtet den (fundamentalistisch ausgelegten) Islam als politische Ideologie und lehnt jede Trennung von Religion und Politik ab. Dabei ist der Islamismus nicht einfach nur eine besonders traditionelle Auslegung des Islam, sondern eine Bewegung, die in vielen Punkten mit der islamischen Tradition bricht. Der Anspruch des Islamismus ist universalistisch, d.h. es wird die Herrschaft über alle Aspekte des Lebens angestrebt.
Der Islamismus ist eine antidemokratische, antifeministische, antikommunistische und antisemitische Ideologie. Dabei richtet er sich gegen »innere« und »äußere« Feinde, also nicht nur beispielsweise gegen Andersgläubige, sondern auch gegen Muslim:innen, die als nicht »islamisch« genug angesehen werden – also die große Mehrheit der Muslim:innen. So will man einen »bereinigten« Islam schaffen. Der Islamismus ist im gleichen historischen Moment wie der Faschismus entstanden und ist als Teil der extremen Rechten anzusehen.

Als politische Strömung setzt der Islamismus auf Massenpolitik. Oft erreichen Islamist:innen durch soziale Arbeit, Arbeit vor Ort und den Aufbau sozialer Räume insbesondere Menschen, denen sonst Anschluss fehlt und die unzufrieden sind. Während in der öffentlichen Diskussion Islamismus oft mit islamistischem Terrorismus gleichgesetzt wird, sind terroristische Strömungen nur eine Minderheit innerhalb des Islamismus. Größer und einflussreicher sind legalistisch-islamistische Gruppen, die unter Achtung der Gesetze versuchen, gesellschaftlichen Einfluss für ihre Ideologie und ihre Organisationen zu erhalten. Legalistische Islamist:innen bauen dabei eigene Verbände & Parteien auf, aber unterwandern auch bereits bestehende Verbände und Parteien. In Deutschland sind bspw. die Verbände DITIB und Millî Görüş legalistisch-islamistisch geprägt, während radikalere Organisationen wie Hizb ut-Tahrir insbesondere unter jungen Männern mit brutaler Sprache Erfolg haben.
Islamistische Bewegungen setzen auf eine Rhetorik, die an reale Unterdrückungserfahrungen anknüpft. Man verwendet gleichzeitig antiimperialistische Rhetorik und knüpft an imperiale Phantasien mit Bezug auf die historischen Kalifate an. Grade im Westen sind Islamismus und antimuslimischer Rassismus böse Zwillinge: Islamist:innen können unter Ausgrenzung und Diskriminierung leidenden Menschen in ihren Strukturen Raum geben und sie so indoktronieren; antimuslimische Rassist:innen nutzen den Verweis auf Islamismus, um pauschal gegen Menschen zu hetzen, die sie als muslimisch lesen – was besonders absurd ist, da sich der Islamismus gegen die Lebenspraxis der Mehrheit der Muslim:innen richtet. Beide menschenfeindlichen Ideologien stärken also einander.

Der Kampf gegen den Islamismus ist für uns Teil unserer antifaschistischen Praxis. Der Fokus kann hier nicht darauf liegen, schon gefestigte Islamist:innen zu überzeugen, stattdessen müssen wir als politische Linke eine soziale und politische Alternative für zu Recht wütende und desillusionierte Menschen bieten. Dafür ist Arbeit vor Ort, insbesondere in ärmeren Stadtteilen, und Organisierung im vorpolitischen Raum nötig. Nur als politische Linke können wir eine glaubhafte Perspektive gegen Islamismus anbieten, da wir sowohl Islamismus als auch die Zustände, die ihn begünstigen, ablehnen: Rassisismus, Imperialismus, Ausbeutung & soziale Ungleichheit.

Awarenesskonzept der linksjugend [‘solid] Köln

Beschluss des Diskussionstages des 20. Mai 2023

Awareness

Awareness ist für uns nichts, was nur ein Team macht, sondern eine Gesamtgruppenaufgabe. Das Ziel ist, dass alle Mitglieder der Gruppe Verantwortung für eigenes Handeln übernehmen und einschreiten und bei Bedarf unterstützen, wenn ein Gruppenmitglied Gewalt oder Diskriminierung erfährt. Eine sozialistische Organisation darf kein Ort sein, an dem Gewalt totgeschwiegen wird. Sie sollte auch keine Gerüchteküche sein.
Solange wir uns als Organisation noch nicht dazu in der Lage fühlen, diese Arbeit alle zu übernehmen, braucht es ein Awareness-Team. Das Awareness-Team unterstützt Betroffene in Fällen von Diskriminierung und Gewalt.

Parteilichkeit

Wir arbeiten mit Parteilichkeit, um auf strukturelle Unterdrückungserfahrungen Rücksicht zu nehmen. Unsere Awarenessarbeit geht von den Wahrnehmungen und Bedürfnissen der Betroffenen aus. Wir arbeiten nicht mit Definitionsmacht, erkennen aber an, warum sie historisch in bestimmten Umständen ein Fortschritt war. Das heißt, dass wir nicht davon ausgehen, dass Gewalterfahrungen objektiv definiert werden können, wie es in Konzepten der Definitionsmacht vorausgesetzt wird.
Vor allem in Situationen, in denen Angeschuldigte:r und Betroffene:r unterschiedlichen Unterdrückungsformen ausgesetzt sind, ist schwer, eine eindeutig alleinig betroffene Person auszumachen. Wenn das schwer ist, ist schwer, nur eine “Definition” für legitim zu erklären und mit Definitionsmacht zu arbeiten. Die Anforderung, für eine schlimme Situation immer eine Definition zu formulieren (also die Erfahrung auf einen Begriff zu bringen), kann, insbesondere dann, wenn davon auch Konsequenzen abhängen, auch in zusätzlichem Druck auf Betroffene und einem schlechten und unvertraulichen Umgang mit ihren konkreten Empfindungen resultierten.

Wann genau ist das Awareness-Team zuständig?

Bei Diskriminierung ist das Awarenessteam zuständig, wenn es personalisierte Diskriminierung gegen eine spezifische Person gab. Bei allgemeinen politischen Äußerungen ohne konkreten Personenbezug, die als diskriminierend/problematisch betrachtet werden, kann das Awarenessteam Punkte ins Aktiventreffen tragen, falls jemand das nicht selbst ins Aktiventreffen tragen will, aber es findet kein Verfahren durch das Awarenessteam mit den Maßnahmen des Awarenessteams statt.
Bei Übergriffen im Gruppenkontext ist Handlungsimperativ immer gegeben. Grundsätzlich handelt das Awarenessteam tendenziell reaktiv auf Ansprache durch Betroffene, wenn aber durch externe Quellen Kenntnis von mehrfachen sexuellen Übergriffen vorliegt, ist auch ohne konkreten Betroffenenkontakt ein Handlungsimperativ gegeben. Generell ist proaktives Handeln bei sexuellen Übergriffen aus Betroffenenschutz-Sicht stärker sinnvoll als bei Diskriminierung.

Prozess in Awareness-Fällen (Ablauf, Methoden)

In Awarenessprozessen gibt es immer am Anfang ein Gespräch mit der beschuldigten Person, in dem noch keine Konsequenzen kommuniziert werden. Zusätzlich wird jede Kommunikation von Konsequenzen nicht auf das Benennen der Konsequenzen beschränkt, sondern erläutert. Bei der Rekonstruktion von Situationen sind wir parteilich und kehren die Beweislast um, holen aber auch die Wahrnehmung der beschuldigten Person ein. Es ist im Kontext von Awarnessgesprächen mit Betroffenen nötig, dass Rahmendaten (Kontext, spezifischer Vorwurf, Zeitpunkt, Ort) geklärt werden. Erläuterungen über die genaue Tat werden nicht verlangt, Betroffenen soll aber ein Rahmen gegeben werden, in dem sie sich sicher fühlen können, über die Tat zu reden. Material, welches das vereinfacht, wird erarbeitet.
Als Awareness-Team kann es Sinn ergeben, “Zeug:innen” oder Vertraute von Betroffenen zu konsultieren und in Prozesse miteinzubeziehen.
Bei komplexen Fällen mit gegenseitigen Vorwürfen unterscheiden wir zwei Szenarien. Wenn die Vorwürfe verflochten sind und ungefähr symmetrisch erscheinen, behalten wir uns die Option vor, statt Awarenessmethoden Mediationsmethoden zu verwenden. Wenn die Vorwürfe nicht eng zusammenhängen oder von deutlich unterschiedlicher Tragweite erscheinen, behandeln wir die Vorwürfe und potentielle Konsequenzen in getrennten Fällen.

Konsequenzen

Das Awareness-Team wägt unter besonderer Berücksichtigung der Wahrnehmung der Betroffenen die Konsequenzen für gewaltausübende oder diskriminierende Personen ab.
Das Awareness-Team hat das Mandat, in nach eigener Einschätzung dringenden Fällen, Menschen bis zur nächsten Mitgliederversammlung von den Veranstaltungen auszuschließen. Ausschlüsse werden dann auf der Mitgliederversammlung beschlossen.
In Fällen von uns bekannter mehrfacher schwerer sexueller, physischer oder psychischer Gewalt schließen wir auch dann aus, wenn keine konkrete Forderung einer Betroffenen vorliegt.

Vertraulicher Umgang mit Informationen

Wir anonymisieren – vor allem Daten über Betroffene:

  • Die Namen von Betroffenen werden nicht genannt. Bei Beschuldigten wird in leichten Fällen oder bei klarer Aufarbeitung anonymisiert, bei Ausschlüssen oder anderen schweren Fällen nicht.
  • Es soll Fallprotokolle geben, die für alle Verfahrensbeteiligten einsehbar sind.
  • Awarenesspersonen sollen nicht gossipen. Das inkludiert auch, dass öffentlich keine Aussagen wie “Oh nein, gerade ist ein sehr großer Fall reingekommen” oder ähnliches gegossiped werden. Auch im privaten Rahmen sind Äußerungen wie “Wir haben gerade einen Fall im Gremium x” nicht okay.
  • Die Namen von Betroffenen werden nicht genannt. Bei Beschuldigten wird in leichten Fällen oder bei klarer Aufarbeitung anonymisiert, bei Ausschlüssen oder anderen schweren Fällen nicht.

Ausschlüsse werden weiterhin auf der Mitgliederversammlung beschlossen. Dabei wird auch Name und grober Anlass des Ausschlusses protokolliert.

Eindämmung von Gerüchten

Gruppenmitglieder außerhalb des Awareness-Teams haben prinzipiell das Recht, eigene Erlebnisse und Situationen, die man mitbekommen hat, mit anderen Menschen zu teilen. Im konkreten Fall kann es aber Sinn machen, Verbandsgossip einzudämmen und Leute zu bitten, nicht Sachen aus zweiter Hand weiterzuerzählen.
Das Awarenessteam darf und soll sagen, wenn etwas NICHT passiert ist und rumerzählt wird.

Rechenschaft von Awareness-Arbeit

Weil wir Awareness als Gesamtgruppen-Aufgabe verstehen, sollte die Gesamtgruppe auch darüber informiert sein, ob das Awareness-Team gearbeitet hat und in etwa, wie oft. Deshalb gibt es einen Rechenschaftsbericht des Awarenessteams am Ende des Jahres mit Zahl von bearbeiteten Fällen, Statistik über Konsequenzen und grober Kategorisierung von Vorfällen. Bei unter 5 Fällen gibt es keine Infos bzgl. Konsequenzen und Kategorien. Auch bei mehr Fällen soll nicht mit konkreten Zahlen gearbeitet werden, sondern mit Angaben wie “Die meisten Fälle” oder “Die überwiegende Mehrheit der Fälle” usw.

Antidiskriminierung und Klassenkampf

Beschluss des Diskussionstages vom 12. Oktober 2022

Als Linke verfolgen wir grundsätzlich den Anspruch, jede Form von Unterdrückung zu bekämpfen und das Patriarchat und Rassismus abzuschaffen. Um das zu erreichen, gibt es verschiedene strategische Ansätze: Einerseits wird in manchen am politischen Liberalismus orientierten Ansätzen, die sich unter dem Begriff „Antidiskriminierung“ zusammenfassen lassen, stark moralisch an diskriminierende Personen appelliert, doch ihr Handeln zu verändern und oft gehofft, mit der richtigen Bildung deren Ideen von diskriminierenden Gedanken zu befreien. Gleichzeitig gibt es andere Ansätze, die stärker auf den Aufbau von Macht durch die Unterdrückten selbst setzen, um diese unterdrückenden Verhältnisse abzuschaffen. Der letzten Strategie liegt die Auffassung zugrunde, dass Diskriminierung und Unterdrückung systematisch geschieht und auf dieser Basis Leute das Interesse haben, entweder verschiedene Formen von Unterdrückung aufrechtzuerhalten oder abzuschaffen. Folgt man dieser Annahme, ist logisch, nicht seine Ressourcen darauf zu verwenden, moralisch an diskriminierende Personen zu appellieren, sondern gemeinsam sich zu verbünden, um Macht gegen die Unterdrückung aufzubauen.

Wir als linksjugend [‘solid] Köln kritisieren deshalb Ansätze der Antidiskriminierung, die bspw. Rassismus durch Sensibilisierung der Polizei und das Patriarchat durch Workshops zu kritischer Männlichkeit abschaffen wollen, als zu kurz gedacht. Auch viele Unternehmen nutzen solche Angebote, um sich als woke darzustellen und Kritik an ihrem ausbeuterischen Charakter im kapitalistischen System abzuwehren. Wir gehen nicht aktiv gegen solche Projekte vor, aber ordnen sie kritisch ein und plädieren ganz grundsätzlich für eine Strategie, die die Welt durch Selbstorganisation und den Aufbau von Druck statt auf moralische Appelle an Herrschende oder von Unterdrückung profitierende Menschen setzt.

Als sozialistische Organisation haben wir uns zum Ziel gesetzt, den Kapitalismus abzuschaffen und für eine Gesellschaft zu streiten, in der jede:r nach ihren Bedürfnissen Unterstützung erhält und jede:r je nach ihren eigenen Fähigkeiten selbst Arbeit leistet. Während niemand von uns vom Kapitalismus profitiert, also zur Klasse der Kapitalist:innen gehöhrt, und wir alle in unterschiedlichem Maße ausgebeutet werden in diesem System, sind nicht alle von uns von Rassismus betroffen. Manche von uns profitieren vom Patriarchat, die Meisten leiden in unterschiedlichem Maße unter ihm.  Ähnliches gilt auch bei anderen Diskriminierungsformen. Diese unterschiedlichen Erfahrungen von Unterdrückung im Kapitalismus können schnell zu einer Zersplitterung von Gruppen führen, die sich oft zerstreiten und spalten, obwohl sie alle das Ziel eint, den Kapitalismus abzuschaffen. Damit wir konstruktiv den Kapitalismus an seinen Wurzeln packen können, ist es wichtig, dass gemeinsame politische Arbeit nicht durch Mackertum und anderes diskriminierendes Verhalten in der eigenen Organisation erschwert bis verunmöglicht wird. Der gemeinsame klassenkämpferische Anspruch darf keine Ausrede sein, patriarchale, rassistische, ableistische, antisemitische und ähnliche Machtverhältnisse und Vorurteile in der eigenen Gruppe unhinterfragt zu lassen. Deshalb wollen wir Diskriminierung und Reproduktion von Unterdrückung in unserer eigenen Organisation bekämpfen und gleichzeitig gemeinsam Macht von unten gegen Unterdrückung aufbauen!

Sexwork/Prostitution

Beschluss des Diskussionstages vom 19. Juni 2021

Immer wieder kontroverse Themen in der feministischen Bewegung sind Sexwork/Prostitution und Pornographie. Die Pornoindustrie ist eine extrem kapitalistische, sexistische und auch rassistische Institution, die nicht auf freiwilliger konsensualer Sexualität beruht. Wir möchten eine Welt, in der die Darstellung von Erotik mit Freiwilligkeit und Gleichberechtigkeit vereinbar ist und keine Unterdrückung fördert. Wir fordern bessere Bedingungen für Pornodarsteller*innen, die frei von patriarchalen Werten sein sollten.
Beim Thema Sexwork/Prostitution vertreten wir die folgenden Standpunkte:

  1. 1. Wir sind gegen eine Kriminalisierung von Sexarbeiter:innen.
  2. 2. Wir fordern, dass es mehr niedrigschwellige und kostenlose Bildungsangebote im Bereich Prostitution/Sexwork gibt:
    Bereits in der Schule soll über Prostitution und damit verbundene Machtgefälle und Ausbeutungsverhältnisse aufgeklärt und Vorurteile abgebaut werden. Für Sexarbeiter:innen soll es mehr kostenlose mehrsprachige Weiter- und Fortbildungsangebote geben.
    3. Wir fordern Ausstiegs- und Einstiegsprogramme aus der bzw. in die Sexarbeit:
    Die Einsteigerinnenprogramme und Unterstützungangebote für einen Ausstieg sollen u.a. eine mehrsprachige Peer-Beratung von (ehemaligen) Sexworker:innen/Prostituierten beinhalten und Fachberatungen von Sozialarbeiter:innen einschließen
    4. Es muss ein Bleiberecht für Opfer des Menschenhandels geben
    Wenn Betroffene Angst vor Abschiebung oder Repressionen haben müssen, kommt es nicht für sie häufig nicht infrage, sich an Behörden oder die Polizei zu weden und es wird ihnen erschwert, Unterstützung zu erhalte. 5. Wir lehnen Zuhältertum generell ab, nicht nur im Kontext von Zwangsprostitution.
    6. Wir fordern, dass die genossenschaftliche Organisierung von Prostituierten unterstützt wird.
    7. Langfristig ist es unser Ziel, die Umstände abzuschaffen durch die Menschen gezwungen sind sich zu prostituieren um ihre Existenz zu sichern.
    8. Wie ein Großteil der Menschen, die in der Branche arbeiten, lehnen wir das ProstSchG ab und sehen darin keinen Schutz, sondern vor allem Repression. Wir lehnen ein Pflicht-Outing ab:

Wir fordern, ein neues Gesetz zu verabschieden, das im Austausch mit Interessenverbänden von (ehemaligen) Sexworker*innen/Prostituierten erarbeitet wird und diese Kritikpunkte berücksichtigt.

Landwirtschaft

Beschluss des Diskussionstages vom 24. Januar 2021

Es herrscht der weitverbreitete Irrglaube kleine landwirtschaftliche Betriebe seien automatisch ökologischer oder sozialer als größere, häufig ist jedoch sogar das Gegenteil der Fall. Deswegen befürworten wir demokratische Großbetriebe in Arbeiter:innenhand, da in diesen eine effizientere Produktion möglich ist. Dabei dürfen die Artenvielfalt und die Bodenfruchtbarkeit allerdings nicht gefährdet werden. Es sollte also eine Obergrenze für die Fläche eines einzelnen Feldes geben und die Gestaltung der Landschaft außerdem durch Hecken, Gräben, Brachflächen oder kleine Wälder und Haine in kleinere Gebiete unterteilt werden. Auch bei der Nutzung von Feldern braucht es Abwechslung, um den Boden nicht zu stark zu veröden.
Die Monopolisierung von Gentechnik in der heutigen kapitalistischen Gesellschaft sehen wir kritisch und die Patentierung von genmodifizierten Pflanzen halten wir für ethisch problematisch. Die Vertreibenden der genmodifizierten Samen schüren weiterhin eine Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe, welche dann im jährlichen Rhythmus auf den Kauf des genmanipulierten Samenguts angewiesen sind. Wir erkennen allerdings das Potenzial der Gentechnik zur Bekämpfung von Krankheiten und Hunger an, solange Gentechnik demokratischer Kontrolle unterliegt und nicht Profitinteressen dient. An der Agrarpolitik der Europäischen Union kritisieren wir, dass sie bereits große Betriebe bevorzugt fördert und dadurch kleine Betriebe in ihrer Existenz bedroht. Wir befürworten zwar landwirtschaftliche Großbetriebe, diese müssen jedoch demokratisch organisiert und aufgebaut sein und nicht dadurch, dass Menschen durch Marktmechanismen in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden. Die Prämien sollten nicht nach Kriterien der Fläche, sondern nach Kriterien der Nachhaltigkeit verteilt werden. Die Handelsvorschriften der EU, durch die Obst und Gemüse, das nicht den optischen Standards entspricht, entsorgt werden muss, müssen angepasst werden. Durch die Subventionierungen der EU sind die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Europas billiger als Produkte aus ärmeren Ländern und durch den Export von Überschüssen in ärmere Länder können dort einheimische Produkte am Markt nicht bestehen. Die EU hält dieses System durch die Verknüpfung von Entwicklungshilfen mit Freihandelsabkommen aufrecht, dem wollen wir ein Ende setzen.
Eine klassenbewusste Agrarpolitik muss die Zweiteilung der Landwirtschaft in ökologische Produkte für Reiche und konventionelle Produkte für Arme entschieden ablehnen. Statt ein BIO-Label einzuführen und für andere Produkte einen schrecklichen Umgang mit Umwelt, Menschen und Tieren zuzulassen, braucht es allgemeine strenge Vorgaben für die Landwirtschaft, die wissenschaftlichen Standards entsprechen. Der ökologische Wandel wird nicht vom Markt geregelt. Wir fordern deshalb eine Landwirtschaft für alle, die sowohl effizient ist und moderne Methoden nutzt, aber auch Nachhaltigkeit und den Schutz von Tier und Umwelt im Fokus hat und dabei Regionalität und Saisonalität beachtet. Leider gehören Massentierhaltung und Tierquälerei in Deutschland noch immer zur Tagesordnung. Dies möchten wir nicht hinnehmen und fordern strenge Schlachtrestriktionen und eine angemessene Haltung von Tieren mit ausreichend Licht, Platz, Freiluft, Futter und Lebenszeit. Mit besseren Haltebedingungen ist die vorsorgliche Behandlung von einer Gruppe an Nutztieren mit Antibiotika nicht im geringsten legitimierbar, auch wenn ein Tier aus dieser Gruppe krank ist. Antibiotika sollen außerdem stark beschränkt werden, um zu verhindern, dass sich beim Menschen durch den Konsum von Tiererzeugnissen Resistenzen gegen Antibiotika bilden.
Wir wünschen uns eine Welt, in der Tiere nicht mehr geschlachtet werden dürfen.
Zu befürchten sind in dieser Welt jedoch schlimmere Lebensbedingungen der zum Schlachten gehaltenen Tiere, wenn der Bedarf nach fleischartigen Produkten nicht durch Labor-Fleisch gedeckt werden kann. Wichtig ist deshalb, dass die Erforschung von Labor-Fleisch staatlich stark und ausreichend gefördert wird. Damit auch ohne Labor-Fleisch die Landwirtschaft ressourcenschonender arbeiten kann, fordern wir einen staatlichen Plan, der festhält, wie die Bevölkerung am effizientesten und gleichzeitig am umweltschonendsten ernährt werden kann (mit entsprechenden Subventionen). Nicht nur zum Verzehr von tierischen Produkten werden allerdings Tiere gehalten, denn leider sind auch noch lange nicht alle Kosmetika vegan. Das soll sich ändern: Tiere dürfen nicht zum Zweck der Kosmetika-Produktion Tierversuchen ausgesetzt sein und erst recht nicht zur Verwertung ihrer Körper für kosmetische Produkte verletzt oder getötet werden.
Uns ist wichtig, dass alle über Tierquälerei und Tierschutz Bescheid wissen, deswegen fordern wir, dass die Aufklärung an Schulen hinsichtlich Tierschutz bzw. der Herstellung von tierischen Produkten auf dem Lehrplan steht. Jede Schulklasse soll dazu verpflichtet sein, einen regionalen, landwirtschaftlichen Betrieb zu besichtigen.
Laut der WHO haben Deutsche ihren Fleischkonsum auf die Spitze getrieben. Wir fordern mehr veganes oder vegetarisches Essen an Schulkantinen und Mensen generell. Dabei sollen sich die Mensen und Kantinen bei dem Erstellen des Speiseplans an die Gesundheitsvorschriften der WHO halten. Als Maximalgrenze hat die WHO 300 bis 600 g Fleisch pro Woche festgelegt. Heute wird noch in vielen weniger entwickelten Ländern die Landwirtschaft mit traditionellen, weniger produktiven Methoden durchgeführt. Es fehlt an der nötigen Infrastruktur oder Elektrizität, Wasserversorgung, modernen Maschinerie und dem Kapital. Es ist die Pflicht der Industrieländer, die ihre Entwicklung der Ausbeutung ehemaliger Kolonien und heute den postkolonialen Machtverhältnissen verdanken, eine Entwicklungshilfe durchzuführen, die nicht bloß aus blinden Geldzahlungen besteht, sondern zum Ziel hat in der gesamten Welt die modernen landwirtschaftlichen Methoden zu verbreiten, um den Hunger zu bekämpfen und neue Möglichkeiten zur Entwicklung zu schaffen.
Dass der Welthunger bereits heute durch bessere Verteilung von Lebensmitteln und Abbau der Fleischindustrie beendet werden könnte, zeigt uns, dass das blinde Spiel der Kräfte am Markt durch eine vernunftgeleitete Politik abgelöst gehört. Die deutsche Landwirtschaft ist heute abhängig von Saisonarbeiter:innen aus Osteuropa. Im Frühling 2020 zeigte sich wie störungsanfällig diese Ordnung ist. Um mehr Arbeiter:innen aus Deutschland zur Erntearbeit zu motivieren und um die Lage der Saisonarbeiter:innen zu verbessern muss in der Erntearbeit endlich ein konsequenter Mindestlohn gezahlt werden und eine Sozialversicherung für alle eingerichtet sein. Die Behauptung Deutsche seien sich für solche Arbeiten zu fein ist ein medial propagierter Mythos, denn sobald die Arbeit fair entlohnt wird, werden die Arbeiter:innen kommen, so wie es in allen Branchen passiert. So lange in Deutschland noch Tiere geschlachtet werden, ist der Beruf des:r Schlachter:in eine Tätigkeit, die strapazierender ist und nachhaltiger die Psyche schädigt, als viele andere Arbeiten. Für die Mitarbeiter:innen von Schlachtbetrieben fordern wir: 50% mehr bezahlten Urlaub und staatlich organisierte Seelsorge. Wer für die Gesellschaft eine so grauenvolle Arbeit übernimmt, der hat es verdient, dass diese gebührend entlohnt wird und dem steht es außerdem zu seelsorgerische und psychologische Dienste in Anspruch zu nehmen um außerhalb der Arbeit nicht vom Schatten dieser verfolgt zu werden.