Aufgrund der Einstufung der auch von linken Parteijugenden unterstützten Klimaschutzkampagne „Ende Gelände“ als linksextrem durch den Berliner Verfassungsschutz wird einmal mehr breit über den Verfassungsschutz, „Linksextremismus“ und das Verhältnis der parteinahen Jugenden zu diesem diskutiert.
Als Grund für die Beobachtung von „Ende Gelände“ führte der Verfassungsschutz an, dass Ende Gelände Massenaktionen zivilen Ungehorsams durchführt, Ausschreitungen seitens der Polizei im Rahmen dieser kritisierte und sich auch über die „Themenfelder Anti-Kapitalismus und Anti-Faschismus“ äußerte.
Für uns ist klar: An Klimaschutz, dem Kampf gegen Faschismus und auch an der Suche nach Alternativen zum Kapitalismus ist nichts verwerflich. Grade im Angesicht der drohenden Klimakatastrophe sind auch friedliche Aktionen zivilen Ungehorsams ein legitimes Mittel der demokratischen Auseinandersetzung.
Schon die Grundlage der Beobachtung von „Ende Gelände“ ist problematisch: Der Verfassungsschutz operiert auf Grundlage der sogenannten „Extremismustheorie“, einer unwissenschaftlichen, im Umfeld der Neuen Rechten entstandene Theorie, nach der es eine gute, demokratische Mitte gibt, die von gleich schlimmem Links- und Rechtsextremismus bedroht sei. Diese Theorie ist grundfalsch, da linke und rechte Politik eben nicht gleich sind, sondern exakt entgegengesetzte Ziele verfolgen: Während linke Politik eine stärkere Demokratisierung der Gesellschaft will, will rechte Politik Herrschaft und Unterdrückung bewahren und ausbauen. Diese vollkommen gegensätzlichen Ansätze kommen sich an keinem Punkt nahe, und historisch war es deshalb auch immer so, dass der entschlossenste Widerstand gegen den Faschismus immer von links kam, während die selbsternannte Mitte sich oft genug raus gehalten hat.
Vertreter*innen der Extremismustheorie wie Eckhard Jesse verharmlosten immer wieder die Bedrohung von rechts, beispielsweise bezeichnete Jesse den Aufstieg der AfD als „ein Zeichen der Normalisierung, keines der Gefahr“ und hielt die Aufnahme von flüchtenden Menschen 2015 für „deutschen Selbsthass“.
Dies passt auch zur Praxis des Verfassungsschutzes: Dieser zeigt sich schon immer als ausgesprochen untätig gegenüber der aufsteigenden extremen Rechten, oft genug förderte seine Arbeit rechte Strukturen sogar. Über V-Menschen pumpt der Verfassungsschutz personelle und finanzielle Ressourcen in enormem Ausmaß in die extreme Rechte. Auch im engsten Umfeld der 2011 aufgeflogenen Nazi-Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ waren zahlreiche Mitarbeiter*innen des Verfassungsschutzes tätig – zur Bekämpfung des NSU trug das aber nicht grade bei, im Gegenteil radikalisierten sich die Mitglieder des NSU ausgerechnet in Nazi-Gruppen, die erst dank der finanziellen Unterstützung des Verfassungsschutzes überhaupt so mächtig wurden. Als der NSU aufflog, führte das nicht etwa zu einer Aufklärung dieser Verfälle – stattdessen vernichtete der Verfassungsschutz erstmal umfassende Akten mit NSU-Bezug.
Der langjährige Chef des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, weiß stattdessen, wo die eigentliche Gefahr liegt: Nachdem er durch zu offensichtliches Appeasement gegenüber Rechtsextremen endlich aus seinem Amt entfernt wurde, verbringt er nun seinen Tag damit, ein Verbot antifaschistischer Strukturen und die Beobachtung der Grünen Jugend durch den Verfassungsschutz zu fordern. Ein Einzelfall ist Maaßen dabei nicht, vielmehr sind seine Positionen Ausdruck einer Haltung, die tief im Apparat des Verfassungsschutzes verwurzelt ist.
Deshalb stimmen wir als Kölner Ortsgruppen von Grüner Jugend und linksjugend [‘solid] der Erklärung unserer Bundesverbände zu: Der Verfassungsschutz ist nicht in der Lage, eine wirksame Arbeit gegen die Bedrohung von rechts zu leisten, im Gegenteil ist er hierbei völlig kontraproduktiv. Beim staatlichen Kampf gegen die extreme Rechte braucht es einen völligen Neuanfang – jenseits von Extremismustheorie, rechtem Personal und Finanzierung der extremen Rechten.